20.03.2018
Lust auf abenteuerliche Schleusenmanöver, Angeln am Fluss oder Baden im Meer? Wer sich für eine Fahrt mit dem Hausboot entscheidet, hat die Qual der Wahl. Drei Touren in Frankreich, die sich auch für Familien eignen.
„Schleuse!!!!“ Kaum hallt der Ruf übers Deck, kommt Bewegung an Bord. Gerade noch haben die Jungs auf dem Vorderdeck in der Sonne Karten gespielt, die Erwachsenen in Ruhe ein Buch gelesen. Jetzt greift alles ineinander. Das Boot erreicht den kleinen Haltesteg vor der Schleuseneinfahrt – und sofort sind die beiden 13-Jährigen von Bord gesprungen. Beherzt spurten sie die kleine Treppe hinauf, um die Leinen in Empfang zu nehmen, die ihre Väter mit einem Riesenschwung nach oben werfen. Schnell festgezurrt – und schon kann der Schleusenknopf betätigt werden. Perfekt.
Nun ja, zugegeben – So reibungslos funktioniert es nicht immer. Zumindest nicht am ersten Tag, wenn die frischgebackenen Freizeitschiffer ihre erste Schleuse erreichen. Und, na ja, auch das sei eingeräumt: Später kann auch noch manches schieflaufen.
Doch glauben Sie mir – schon nach ein paar Stunden an Bord kann das niemanden mehr erschüttern. Das Navigieren eines Hausbootes ist schnell gelernt: Startautomatik, ein Hebel für Vorwärts- und Rückwärtsfahren, Steuerrad, Tacho. Fast wie im Auto. Einziger Unterschied: Es geht alles viel langsamer. Neben viel Einsatz ist also auch viel Geduld gefragt.
Mit 8000 Kilometern hat Frankreich das größte Binnenwassernetz Westeuropas, und sehr große Teile davon sind führerscheinfrei auch für Freizeitkapitäne offen. Da versteht es sich von selbst, dass nicht nur die Landschaften und touristischen Sehenswürdigkeiten sehr unterschiedlich sind, sondern auch die Anforderungen an die Schiffer.
Aquitanien gehört nicht unbedingt zu den einfachsten Gebieten. Zahlreiche Einzelschleusen säumen die Strecken.
Je nach gewählter Tour werden Schleusentreppen passiert, Wasserbrücken, sogar ein Schiffslift und immer wieder Engstellen. Dennoch: Auch Anfänger schaffen das. Und mit Sicherheit gehört der sonnige Südwesten Frankreichs zu den schönsten Strecken.
Wer es übersichtlich mag, der entscheidet sich für eine Fahrt auf dem Canal latéral à la Garonne, entweder von Le Mas d’Agenais bis Montauban – oder umgekehrt. Montauban ist eine der ältesten befestigten Städte Südfrankreichs und hat den besten Bauernmarkt der Region. Fast schnurrgerade zieht sich der Kanal durch die Landschaft, Und wird dabei immer von einem Fahrradweg gesäumt. Das macht vor allem größeren Kindern Spaß, die so das Boot am Ufer begleiten können.
Wer sich traut, die eingefahrenen Wege zu verlassen, dem sei ein Abstecher in die Baise oder den Lot empfohlen. Wie Schlangen winden sich die Flüsse durch Blumenfelder und Weinhänge. Ihre Ufer sind wild bewachsen – und nicht wenige der engen Brücken fordern den Einsatz der ganzen Mannschaft. Aufgestellt am Bug und ausgerüstet mit Stäben, hilft sie beim Manövrieren.
Klingt stressig? Keineswegs. Urlaub auf dem Hausboot macht ja gerade deswegen so viel Spaß, weil alle mitmachen. Wenn Kinder mitfahren, sollten sie allerdings nicht zu klein sein. Zwei Familien, zwei, drei Erwachsene und ein paar Kids sind die ideale Besatzung für ein größeres Hausboot mit drei Kabinen, kleiner Küche und sechs Quadratmetern Wohnraum.
Das scheint eng, ist es aber nicht. Denn die Zeit auf dem Wasser verbringt man an Deck, ansonsten stehen Landausflüge auf dem Programm, die besonders in Aquitanien sehr abwechslungsreich sind.
Mittelalterliche Dörfer gilt es zu besichtigen, historische Schlösser, Abteien und Klöster, Märkte mit regionalen Köstlichkeiten. Die Gegend ist nicht nur für ihre Trüffel und Foie Gras berühmt, sondern auch für ihren Armagnac und phantastische Weine. Und gibt es etwas Schöneres, als einen arbeitsreichen Tag an Bord mit einem Glas Margaux, St. Emilion, Graves oder Medoc zu beschließen? Bestenfalls die nächste Schleuse!
Einfach übers Wasser gleiten. Tagsüber faul in der Sonne liegen, Seevögel beobachten und fischen, hin und wieder am Ufer baden oder spazieren gehen und abends den Sonnenuntergang an Deck genießen. Wer sich den Hausbooturlaub etwas beschaulicher wünscht, der sollte im Burgund die Saône befahren.
Nur 24 Schleusen gibt es auf den 370 für Hausboote schiffbaren Kilometern des Flusses, der sich zunächst in kleinen Bögen durch die Nachbarregion Franche-Comté windet, ehe sie bei St.-Jean-de-Losne zum stattlichen Fluss anwächst. Damit gehört die Saône ganz sicher zu den einfacheren Hausbootgebieten – und bietet trotzdem eine malerische Landschaft: Pinienwälder, Berge, Wasserfälle.
Für Deutschsprechende besonders empfehlenswert: Der Startpunkt im kleinen Hafen von Gigny-sur-Saône, wo Saône Bateaux ansässig ist, ein kleiner Hausbootverleih. 2012 hat das Schweizer Ehepaar Heidi und Stephan Werndli die Verantwortung übernommen.
Parallel zur Meeresküste fließt der Canal du Rhône à Sète und mündet schließlich in den Etang de Thau. Nicht nur das Können der Schiffer bestimmt hier die Fahrtroute, sondern auch die Gezeiten. Es riecht nach Salz und Meer, und wer in den Häfen von le Grau-du Rois, Palavas-les-Flot, Frontignan oder Sète anlegt, kann den Tag am Strand verbringen, baden und Muscheln sammeln und abends frischen Seefisch genießen.
Besonders für Wasserratten eine spannende Tour, aber auch für Familien mit Kindern. Denn an den Ufern gibt es eine fantastische Tierwelt zu bestaunen: Schildkröten, rosa Flamingos, schwarze Rinder oder ganze Herden weißer wilder Pferde. Das beste aber: Hier scheint die Sonne von März bis Oktober, der Wein könnte geschmackvoller nicht sein. Und, auch das sei erwähnt, alle Schleusen haben Schleusenwärter.
Kontakt: Le Boat, www.leboat.de
Tel:06101/8073029
Preisbeispiel: Sonderangebot „Kunst- und Armagnac-Wochentour“ (7 Nächte)
Von Le Mas d’Agenais über Valence-sur-Baïse und Condom, Hin- und Rückfahrt
von 753 bis 5.377 Euro
Kontakt: Saône Bateaux, www.saone-bateaux.com
Tel. 0033.3.85.44.76.84
Beispiel: Gigny-sur-Saône – Dôle – Gigny-sur-Saône (1 Woche)
von 1530 Euro bis 3250 Euro
Kontakt: Locaboat Holidays, www.locaboat.com
Tel. 0761/207370
Beispiel: Lattes – Aigues-Mortes – Frontignan – Sète – Le Somail – Argens (1 Woche)
Von 924 bis 4977 Euro
Die Preise variieren nach Saison und mit der Bootsgröße und sind reine Mietpreise. Dazu kommen: Diesel nach Verbrauch, evtl. Versicherungen, teilweise Liegegebühren und Endreinigung.
Text: Sabine Hildebrandt-Woeckel, Foto: Peter Woeckel