Vorteilhaftes Licht

Vorteilhaftes Licht

29.04.2018

Wenn das Gespräch auf ältere Arbeitnehmer kommt, dann bekommen Personalverantwortliche in Deutschland meistens Schnappatmung, weil ihnen außer den Defiziten der Bewerber zum Thema nichts einfällt. Umso wichtiger ist es, dass wechselwillige oder arbeitsuchende Arbeitnehmer mit Berufserfahrung die kursierenden Vorbehalte kennen und gute Argumente parat haben, mit denen sie punkten können.

 

„Nicht mehr belastbar“, „fachlich nicht auf der Höhe“, „zu teuer“: Warum um alles in der Welt sollte ein Unternehmen jemanden einstellen, der weit davon entfernt ist, noch als Young Potential zu gelten? Die Erkenntnis des Aachener Arbeitswissenschaftlers Dr. Gottfried Richenhagen, wonach die Länder mit der höchsten Beschäftigungsquote Älterer zugleich international die wettbewerbsfähigsten sind, scheint sich nicht herumgesprochen zu haben. Folge: In kaum einem anderen Land in Europa arbeiten so wenige Menschen der Generation 50plus wie hierzulande.

 

Es gibt eine Reihe von Faktoren, mit denen Sie sich ins rechte Licht setzen können – vorausgesetzt, Sie sind sich Ihrer Vorzüge bewusst. Und das sind Sie doch, oder? Falls nicht, so lesen Sie hier einige Anregungen, wie Ihre persönliche Vermarktungsstrategie aussehen könnte.

 

TIPP 1: Betonen Sie Ihre Vorzüge als Wissensträger!

Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, was das Wertvollste ist, worüber Sie als älterer Arbeitnehmer verfügen? Richtig: Ihr Wissen. Was bedeutet das im Einzelnen?

Clevere Unternehmen gehen dazu über, in älteren Arbeitnehmern mehr zu sehen als nur Lückenbüßer, die einspringen können, wenn der kranke Kollege zu Hause seine Erkältung auskuriert. Der Trend geht vielmehr dahin, ihnen die Rolle eines Mentors zuzuweisen, der als „Schatzkästlein“ einem jüngeren Kollegen einerseits das althergebrachte Wissen vermittelt, aber auch in einer kritisch-produktiven Auseinandersetzung mit der jüngeren Generation mit dafür sorgt, das im Unternehmen Neues entsteht.

Weisen Sie also darauf hin, dass Sie die Aufgabe, einen Youngster an die Hand zu nehmen, reizvoll fänden. Machen Sie sich aber darüber hinaus auch möglichst konkret Gedanken, wie Ihre Aufgaben in der Firma aussehen sollten. Als generelle Richtschnur, so Simone Back und Ulrike Herud in einem Newsletter des EU-Projektes Senior Intergenerational Social Capital (SISC), gilt: „Sinnvoll für ältere Arbeitnehmer sind (…) Aufgaben, die soziale Kompetenz erfordern und auf Erfahrungswissen und Insider-Kenntnissen aufbauen. Schwere körperliche Arbeit, starker Zeitdruck und geringe Selbstbestimmung bei der Arbeit hingegen verkraften Jüngere deutliche besser als Ältere.“

 

TIPP 2: Betonen Sie, dass Ihre Einstellung mit weniger Kosten verbunden ist als angenommen

Ältere Arbeitnehmer haben oft deswegen das Nachsehen gegenüber Jüngeren, weil Arbeitgeber argwöhnen, dass Sie aufgrund Ihres Alters zu teuer sind. Eine Milchmädchenrechnung! Natürlich ist nichts dagegen einzuwenden, wenn eine neue Stelle gleichzeitig auch mehr Geld bedeutet. Weisen Sie Ihren potenziellen Arbeitgeber aber darauf hin, dass er auf der anderen Seite auch Geld spart, wenn er Sie einstellt. Schließlich muss ein Mittzwanziger von der Hochschule erst einmal ein Vierteljahrhundert arbeiten, bevor er da steht, wo Sie, der 50-Jährige, jetzt sind – und das in mehrfacher Hinsicht: Erfahrungsgemäß wird aufgrund Ihrer langjährigen Erfahrung die Einarbeitungszeit kürzer sein. Und auch, was Ihre Sozial- und Führungskompetenzen betrifft, wird der Weiterbildungsbedarf geringer sein als beim jüngeren Mitbewerber.

Für den bedauerlichen Fall, dass Sie arbeitslos geworden sind, weil es bei der hundertsten Umstrukturierung auch Ihre Abteilung erwischt hat: Eine realistische Analyse der Situation auf dem Arbeitsmarkt wird Sie zu der (zunächst schmerzhaften) Erkenntnis führen, dass die Zeiten üppiger Altverträge vorbei sind und Sie Abstriche werden machen müssen – was Ihnen aber immer noch ein Auskommen ermöglicht. Dafür stellt sich bei Ihnen das Gefühl wieder ein, gebraucht zu werden und nützlich zu sein. Diese „soziale Geborgenheit“ sollten Sie keineswegs gering schätzen!

 

TIPP 3: Betonen Sie, dass Sie ein umfassender Sicherheitsfaktor für das Unternehmen sind!

Das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung in Eschborn hat einen Leitfaden „Fachkräfte finden. Rekrutierung Älterer“, erarbeitet, um zögerlichen Unternehmen den Einsatz von Arbeitnehmern der Generation 50+ schmackhaft zu machen. Nutzen Sie den vom Bundeswirtschaftsministerium (www.bmwi.de) herausgegebenen und online gestellten Text, indem Sie die an Unternehmen gerichteten Argumente der Verfasser aufgreifen und für sich selbst mit Leben füllen. Ihre Einstellung, so könnten Sie im Gespräch mit Personalverantwortlichen anbringen, würde die (Planungs-)Sicherheit des Unternehmens erhöhen:

 

TIPP 4: Bringen Sie in Erfahrung, welchen Stellenwert Gesundheit in Ihrem Wunschunternehmen hat!

Machen wir uns nichts vor: Natürlich ist der Körper über die Jahre beansprucht worden, natürlich nimmt die Sehschärfe ab. Und auch die Geschwindigkeit bei der Verarbeitung von Informationen wird geringer.

Andererseits geht die Fähigkeit, bereits erworbenes Wissen mit neuen Informationen zu verknüpfen – zum Beispiel wenn es darum geht, Probleme zu lösen –, nicht verloren. Ältere Menschen kompensieren damit die geringere Lerngeschwindigkeit und erreichen eine etwa gleichbleibende geistige Leistungsfähigkeit – darauf verweisen die eingangs erwähnten Autorinnen Simone Back und Ulrike Herud. Der finnische Forscher Juhani Ilmarinen wiederum konnte belegen, dass die Arbeitsfähigkeit von Mitarbeitern oft konstant bleibt, wenn Unternehmen in Gesundheitsförderung investieren.

Deswegen: Bringen Sie in Erfahrung, ob bei Ihrem Wunsch-Arbeitgeber lebenslanges Lernen (sprich: dauerhaftes Gehirntraining) ein Thema ist, ob er für gesundheitsschonende, alternsgerechte Arbeitsplätze gesorgt hat, ob es eine Betriebssportgruppe gibt. Ein Unternehmen, das der Gesundheit von Mitarbeitern gegenüber aufgeschlossen ist, bringt dem Thema Altern mehr Respekt entgegen als eines, das die Anschaffung ergonomischer Bürostühle für Humbug hält. Sie werden sich in einem Vorstellungsgespräch wohler fühlen, wenn Sie davon ausgehen können, dass auf Augenhöhe diskutiert wird. Im Übrigen sollten Sie nicht vergessen zu betonen, dass Ihnen geistige Regsamkeit und körperliche Ertüchtigung wichtig sind.

 

TIPP 5: Punkten Sie mit Ihrer Persönlichkeit!

In den Personalabteilungen deutscher Unternehmen sitzen viele Jungspunde, denen das rechte Einfühlungsvermögen für Arbeitnehmer fehlt, die 40, 50 oder noch mehr Jahre auf dem Buckel haben. Das mindert die Erfolgsaussichten Ihrer schriftlichen Bewerbung, denn Junge entscheiden sich oftmals für Junge – auch wenn das keine Personalabteilung offen zugeben würde. Das Allgemeine Gleichbehandlungs-Gesetz (AGG), seit 2006 in Kraft, hat an dieser Praxis nur wenig ändern können.

Obendrein sind Sie, was die Aufbereitung Ihrer Bewerbungsunterlagen betrifft, möglicherweise unsicher, ob Ihnen der geniale Wurf gelungen ist. Zu lange ist es schon her, das Sie Ihre Unterlagen auf den neuesten Stand gebracht haben.

Es gibt eine gute Möglichkeit, mit diesen Unwägbarkeiten umzugehen: Besuchen Sie eine Jobmesse, bei der Ihre Altersgruppe willkommen ist. Zum Angebot einer solchen Messe gehört in der Regel, dass erfahrene Karriereberater Bewerbungsunterlagen kritisch überprüfen. Durch Ihre Anwesenheit können Sie aber auch etwas zur Geltung bringen, was Ihre Bewerbungsmappe schwerlich vermag: Ihre Persönlichkeit.

Nutzen Sie vor Ort die Gelegenheit, mit Personal- und Fachverantwortlichen ins Gespräch zu kommen. Der Besuch einer Jobmesse ist aber keine Kaffeefahrt! Bereiten Sie sich gründlich vor. Erwägen Sie mögliche Einwürfe und Bedenken, die in einem Gespräch vorgebracht werden könnten, und legen Sie sich Argumente zurecht, die Ihre Fähigkeiten in einem vorteilhaften Licht zeigen!

Autor dieses Betrages ist Peter Woeckel, Journalist, Autor von zahlreichen Sachbüchern und Prosa, CvD und Schlussredakteur. Woeckel kümmert sich bei job40plus u.a. um die Öffentlichkeitsarbeit und den Newsletter

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