03.11.2017
„Arbeitgeber bringen Bewerbern immer noch nicht genügend Wertschätzung entgegen“, erklärte Unternehmensberater Martin Gaedt kürzlich im Spiegel. Thema war der Fachkräftemangel oder wie auch andere Experten immer wieder betonen, der vermeintliche Fachkräftemangel. Wirklichen Mangel, so die These, gibt es nur in ganz wenigen bereichen. In allen anderen seien die Unternehmen selbst schuld daran, wenn sie keine Mitarbeiter finden. Zu eingefahrene Rekrutierungswege, zu wenig Fantasie, zu wenig Einsatz – und eben zu wenig Wertschätzung.
Und ja, hier muss ich zustimmen. Auch wir erleben auch wir auf unseren Events immer wieder ziemlich desinteressierte Standbesetzungen. Dabei kommunizieren wir im Vorfeld ganz klar, was Rekrutierung von Professionals gerade auf Messen erfolgreich macht und von anderen Rekrutierungswegen unterscheidet: das Gespräch!
Klar, man guckt auf, wenn jemand an den Stand kommt (meistens zumindest), aber dann folgt die Null-Acht-Fünfzehn-Nummer. Ein eine paar Eckpunkte aus dem Lebenslauf des Kandidaten werden abgefragt, dann folgt gegebenenfalls ein kleines Statement zu den Vorteilen des eigenen Unternehmens. Und scheint alles zu passen, werden gemeinsam die offenen Positionen durchgesehen.
Die wirkliche Chance der persönlichen Begegnung, ich betone es noch einmal: das echte, intensive und wertschätzende Gespräch, wird nicht genutzt. Die Gesprächsecke im eingerichteten Séparée bleibt viel zu oft leer.
Was hier gefragt ist, ist ein echtes Umdenken. Das fängt natürlich schon bei der Auswahl des Rekrutierungsweges an. 55 Prozent des Mittelstandes nutzen Online-Stellenbörsen, das ergab aktuell eine Umfrage, die die Verbände „Die Familienunternehmer“ und „Die Jungen Unternehmer“ für die WirtschaftsWoche durchführten. 50 Prozent setzen auf soziale Medien. An dritter Stelle kommt die Bundesagentur für Arbeit (BA). Und Rekrutierungsmessen? Die werden oft nicht einmal in Betracht bezogen. Zu viel Aufwand, so das gängige Argument. Oder zu wenig Wertschätzung?
Doch sind Unternehmen, die zu Messen gehen, schon einen Schritt weiter. Sollte man man meinen. Aber was ist gewonnen, wenn die Begegnung am Ende mit der Aufforderung endet, sich doch online zu bewerben? Wertgeschätzt fühlt sich der Bewerber, der viel Zeit in Vorbereitung, Outfit und Unterlagen investiert hat, dann auch nicht.
Nur wenn Briefing und Zusammensetzung des Standpersonals stimmen. Wenn statt oder neben jungen Personalreferenten oder gar Marketingfachkräften, die mitunter selbst nicht lange genug im Unternehmen sind, um detaillierte Auskünfte geben zu können, wirklich die für das Gespräch bereit stehen, die wissen worum es geht, im Idealfall also die suchenden Fachabteilungen selbst.
Nur dann profitieren alle. Leider erleben auch wir das nicht immer. Aber immer öfter. Immerhin!
Autorin: Sabine Hildebrandt-Woeckel